Identitätskonstruktion durch Sprache
Daten und Ergebnisse
Neben den theoretischen Grundlagen stützt sich das Projekt auf Interviews mit drei anonymen Expertinnen, welche sowohl einen Bezug zur polnischen Identität haben, wie auch über ein Fachwissen im Bereich der Sprachwissenschaften verfügen. Diese wurden im Dezember 2022 und Jänner 2023 virtuell geführt. Mit deren Hilfe sollen nun die Forschungsfragen beantwortet werden.
Dafür wurden die Transkriptionen zweier Interviewaufnahmen (mit Expertin 1 und 3) sowie die Notizen des Gesprächs mit Expertin 2 mittels qualitativer Inhalsanalyse untersucht und mit den theoretischen Hypothesen verglichen. Dadurch kamen wir zu folgenden Ergebnissen.
Welche Rolle spielt die polnische Sprache bei der Identitätskonstruktion? / Wie wirkt sich die Sprache auf die Identität aus?
"Ich glaube schon das Sprache ein [...] großes Gut ist und ein Gutteil zur Identität beiträgt." (Expertin 3, 2023)
Zusammenfassend kann behauptet werden, dass die Rolle der polnischen Sprache für die Identitätskonstruktion darin liegt, die Texte und Aussagen, die Diskussionen und die Kultur zu verstehen. Die Sprache dient nicht nur der Kommunikation mit anderen, sondern auch der Vermittlung wichtiger kultureller Inhalte. Für Expertin 1 ist es wichtig sich bei der Identitätskonstruktion bewusst zu werden welche Rolle die Sprache für einen spielt und ob man am Diskurs teilnehmen kann oder diesen nicht versteht. Durch die Sprache kann man tiefer in eine Kultur eintauchen, und versteht auch die Referenzen zu anderen Texten und Aussagen (nach Beaugrande/Dressler 2011 als Intertextualität bezeichnet). Einig sind sich Expertin 1 und 3 in dem Punkt, dass das Erlernen der Sprache (z.B. aus Büchern) für die polnische Identitätskonstruktion keineswegs genügt. Es ist wichtig die Sprache auch zu leben um eine polnische Identität zu entwickeln und zu bewahren. Damit ist gemeint, dass man sich mit aktuellen Texten auseinandersetzen muss, seien es Nachrichten aus Politik, die aktuellen Hits in Film und Musik, oder eben gesellschaftliche Themen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen Platz im öffentlichen Diskurs haben. Deshalb bezeichnete Expertin 1 ihre polnische Identität als ein "Grundrauschen", dass von einem Überbau aus einer deutsch-, italienisch- und griechisch-sprachigen Identität umgeben ist, da sie sich mittlerweile mit den Geschehnissen in Polen nicht so intensiv beschäftigt. Die Tatsache, dass Expertin 3 aktuell auch regelmäßigen Kontakt zur polnischen wie auch zur österreichischen Sprache hat, ist genau der Grund warum sie sich sowohl als Polin als auch als Österreicherin bezeichnet. Seit ihrem 10.Lebensjahr lebt sie in in Österreich, behielt jedoch eine starke Verbindung zur polnischen Sprache, durch Zeitschriften, Bücher und Schallplatten in ihrer Jugend und anderen Medien sowie regelmäßigen Besuchen in ihrem Erwachsenalter. Expertin 2 legt auch einen großen Wert auf eine ständige Weiterbildung (hauptsächlich jedoch aus beruflichen Gründen). Für Expertin 2 gehören zum Identitätsbegriff mehrere Faktoren, wenngleich die Sprache einer davon ist, der eine wichtige Rolle spielen kann.
Ist die Beherrschung der Sprache eine Voraussetzung für die Ausprägung der polnischen Identität?
"Sprache muss nicht konstitutiv für den Aufbau einer Identität sein, aber sie ist es sehr häufig." (Oppenrieder/Thurmair, 2003:42)
Zwei von drei Expertinnen bestätigten die Aussage von Nina Janich, indem sie angaben, dass es keine Voraussetzung ist, die polnische Sprache zu beherrschen um sich als Pole oder Polin zu identifizieren. Es ist jedoch meistens der Fall. Für Expertin 1 ist die polnische Sprache jedenfalls fundamental, für die Ausprägung einer polnischen Identität. Sie führt es darauf zurück, dass man neben der Sprachkenntnisse an sich, auch Wissen über den Textkorpus benötigt. Die Frage ist, ob man die Symbolik dekodieren kann, welchen geschichtlichen Bezug bestimmte Ausdrücke haben, denn dadurch tragen sie zusätzliche Informationen/ Konnotationen mit sich . (man denke hierbei an Satire). Das Verständnis mancher Texte bleibt ohne dieses Verständnis auf oberflächlicher Ebene. Während für Expertin 1 Kenntnisse der polnischen Sprache eine Voraussetzung für eine polnische Identität darstellen, sieht Expertin 2 keinen Widerspruch darin, sich als Pole oder Polin zu fühlen, ohne über Sprachkenntnisse zu verfügen und führte im Interview auch Beispiele an. Auch Expertin 3 nannte eine Person, betonte jedoch, dass dies der einzige ihr bekannte Fall ist, bei dem der entscheidende Faktor der Identifizierung die Herkunft der Person sei. Alle drei Personen waren sich einig, dass auch beim Vermitteln der Sprache, z.B. beim Übersetzen oder Dolmetschen, Sprachkenntnisse auf höchstem Niveau notwendig sind. Zusätzlich dazu muss man über sehr ein tiefes Wissen über die Kultur, die Literatur, die Politik und Geschichte eines Landes, sowie über ein Einfühlungsvermögen für die Menschen verfügen (sowohl die Autor:innen wie auch die Leserschaft des übersetzten Textes). Hierbei betonten vor allem Expertin 2 und Expertin 3, dass dies erlernbar sei und man keinen Identitätsbezug zu Polen benötigt um in oder aus der polnischen Sprache zu übertragen.
Welche Faktoren tragen dazu bei, eine polnische Identität zu konstruieren?
Można identyfikować się z tymi, do których nie jest się pod wieloma względami podobnym i do których jeszcze się nie należy, lecz do których pragnie się przynależeć, co motywuje do podejmowania działań, które mają sprawić, że stanie się podobnym. Taka sytuacja niejednokrotnie towarzyszy konwersji etnicznej, a wyraża skłonność jednostkowych tożsamości do transcendencji.“ (Suchocka, 2017)
Es gibt viele Faktoren, die bei der Identitätskonstruktion eine Rolle spielen. Expertin 1 verwies auch auf den Versuch bestimmter Personengruppen, Institutionen, etc. die polnische Identität zu definieren. Durch ein gewisses Narrativ wird versucht das festzulegen, was es zu bedeuten hat ein Pole/ eine Polin zu sein und mit welchen Merkmalen und Eigenschaften darf man sich nicht als solche bezeichnen. Die polnische Soziologin und Autorin Renata Suchocka wies in einem Artikel darauf hin, dass man sich auch mit Menschen identifizieren kann, obwohl man in vielerlei Hinsicht keine Gemeinsamkeiten mit ihnen hat. Man möchte eine Ähnlichkeit "anstreben" und entscheidet sich daher bewusst für ein damit verbundenes Verhalten. Das drückt eine Neigung des Individuums zur Veränderung aus und resultiert in einer ethnischen Umwandlung. (siehe Zitat oben) Expertin 3 merkte an, dass die Identitätskonstruktion mit dem Elternhaus beginnt und ihre Eltern legten einen großen Wert auf die die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen. Daher hat sie heute eine so starke Verbindung, sowohl zu Polen als auch zu Österreich. Die Familie ist der erste soziale Raum indem wir uns bewegen und sozialisiert werden. Bis ins Studierenden-Alter verbrachte Expertin 1 ihr Leben in Polen und wurde dort sozialisiert. Hier sind also ebenfalls das Elternhaus und die soziale Umgebung ein Grund für das Gefühl der Zugehörigkeit. Neben der Herkunft ist ein regelmäßiger Kontakt zur Kultur und Sprache ein weiterer Faktor. Dabei ist es nicht wichtig, ob man sich dabei in Polen oder einem anderen Land aufhält, oder ob dieser Kontakt bereits seit der Geburt besteht. Die Sprache scheint ein gemeinsames Merkmal von Menschen, die sich als Pol:innen identifizieren zu sein. Auch das Feiern bestimmter Feste und Bräuche, sowie Religion können dazu beitragen, sich mit einer bestimmten Kultur oder einem Land zu identifizieren.